Samstag, 9. Juni 2007

Zwischen naiver Sozialromantik und nüchterner Depression

Fragen, die sich mir im Laufe der letzten Woche ergeben haben:

- Bedenken die (zutiefst demokratischen) Globalisierungskritiker in und um Rostock den Umstand, dass sie gegen ein Treffen grösstenteils einwandfrei demokratisch gewählter Regierungschefs demonstrieren, die sachpolitisch die Meinung einer Mehrheit ihrer jeweiligen Bevölkerung repräsentieren?

- Sind die 0,7% des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungshilfe auch unter Beibehaltung der hohen Importschranken westlicher Länder (z.Bsp. für landwirtschaftliche Produkte, Kohle oder Baumwolle) und der damit einhergehenden eklatanten Missachtung der komparativen Kostenvorteile vieler afrikanischer Staaten primäres Ziel? Sind wir uns der perversen Politik, nach dem ein Ministerium Hilfsgelder vergibt, während ein zweites desselben Landes dem Empfängerland den Export der preislich einzig konkurrenzfähigen Produkte faktisch verunmöglicht, bewusst?

- Hat jemand am G8 jemanden über Darfur, über Simbabwe und Somalia sprechen gehört?

- Weshalb kommen am Alternativgipfel – einer durchaus bereichernden und unter Umständen gar zu relevanten Impulsen fähigen Institution – praktisch nur Globalisierungskritiker, dem linksliberalen Konsens verpflichtete Redner zu Sprache? Weshalb werden kaum Regierungsmitglieder, Globalisierungsbefürworter und Repräsentanten der rechts-konservativen Politik eingeladen? Will man unter sich bleiben (im Sinne der Kritik an die G8 der ausschliessende Exklusivität) oder unter Einbezug aller Kräfte und Parteien eine gegenseitige Annäherung und Befruchtung anstreben? Ist es in diesem Kontext sinnvoll, die Veranstaltung als Gegengipfel zur G8 zu bezeichnen, wo man sich doch der Tatsache bewusst ist, dass nur ein gemeinsames, sich nicht ausschliessendes und verneinendes Vorgehen zur Lösung der uns alle betreffenden Probleme führen kann?

- Ist bekannt, dass der G8 ein informelles Treffen ist und de facto keine völkerrechtlich verpflichtenden Entschlüsse verabschieden kann, dass demnach erst in der UNO die angestossenen Diskussionen unter Einbezug aller Staaten erneut besprochen und endgültig festgesetzt werden können?

- Wer soll dem G8 bzw. einem allfällig künftigen Gxx angehören dürfen/müssen? Indien, China? Und Brasilien? Saudi-Arabien? Südafrika? Gehört Italien weiterhin dazu? Oder soll der G8 abgeschafft werden und die Gespräche künftig nur noch im Rahmen der UNO oder aber bilateral stattfinden?

- Wer hat eigentlich Bono eingeladen? Und: Wird Herbert Grönemeyers Selbstdisqualifikation zu einem leeren Stade de Suisse führen?

- Ist eine Veränderung zum Besseren in Anbetracht der damit fast zwingend einhergehenden Klimaprobleme theoretisch überhaupt möglich? Oder erst auf dem Mars?

- Ist die Erkenntnis der Komplexität und Vielschichtigkeit der Probleme eine zu schwere Bürde für den Menschen? Und: Gibt es angesichts dieser Tatsache überhaupt eine Lösung, solange der dekadente Geruch des Menschlichen über den Planeten weht?

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

manchmal lohnt es sich 4 tage zu denekn.

Anonym hat gesagt…

ob 4 tage nachdenken genügen, um diese leise, vielleicht naive, illusorische hoffnung, dieser glaube an eine zukunft im zeichen der menschlichkeit, der gleichheit, des friedens, der glauben an das leben selbst, zu gunsten einer verzehrenden rationalität platz machen zu lassen?

braucht es eine gewisse naivität, um überhaupt kämpfen zu können, auf die gefahr hin, sich in irrigem glauben falsch zu entscheiden? sind wir alles narren in einem nullsummenspiel, in dem es keine sieger geben wird? ich frage: wie glücklich sein in einer welt, in der wir unglücklich sind, weil es uns zu gut geht? wie kann genesen, was an sich selber erkrankt?

Anonym hat gesagt…

in anbetracht dieser wichtigen und doch unsinnigen fragen, sollten wir nicht vergessen zu lachen. über die ohnmacht, das streben nach einsicht, die widersprüche und sonst über alles ach so tiefgründige. das leben ist kurz,luft ist immer noch da, also lasst uns tanzen!

Anonym hat gesagt…

wenn man nur jeweils wüsste wer hinter all diesen kommentaren steckt...

Anonym hat gesagt…

ich kann dich beruhigen, ich bins nur

Anonym hat gesagt…

Sehr interessante Empfehlungen zum Thema:


Interview im Deutschlandfunk: Korrupte Eliten stecken Entwicklungshilfe in
eigene Tasche


NZZ-Artikel:
Warum Schwarzafrika kaum vom Fleck kommt



DRS 2-Bericht: Neues Entwicklungsmodell für Afrika?