Wo sich die Gleise mehren und der Zug langsamer wird, wo links und rechts Industrie sich zeigt, alsbald den Wohnhäusern, den Bürogebäuden weicht, da nimmt diese Stadt ihren Anfang. Eine Stadt, die ich bewohne, die mir Zuhaus ist, sich täglich mehr erschliesst, täglich an Ungewissem und Unverständlichem verliert und doch… im Ganzen fremd und unzugänglich bleibt. Zürich ist mir als grosses, verzweigtes und erfreulich vielseitiges Menschenwerk entgegengetreten, hat mich seicht, diskret und doch artig willkommen geheissen, mich, wie so viele, aufgenommen, hat mir auf der Durchreise einen Platz zum Verweilen, zum Lernen und Staunen erboten.
Hier, vom Chäferberg gegen Stadt, See und Berge blickend, versteht es sich leicht, wieso diese kleine grosse Stadt alljährlich zur weltweit lebenswertesten urbanen Region gekürt wird. Es mögen die Fülle des kulturellen Angebots, die Infrastruktur, die Nähe zur Natur, See, Berge, Schulhausdichte, internationale Anbindung, der Arbeitsmarkt sein, die diese Stadt auszeichnen, für Jung und Alt lebenswert machen.
Ab all den mannigfaltigen Vorteilen hab ich bisher allerdings nicht entdecken können, was und wer Zürich ist. Wo findet sich die Seele dieser Stadt? Ich suchte und suche mit offenen Armen, mit offenem Ohr und Auge und finde stets nur schöne Fassade, reichlich verziertes Gerüst, ästhetisch verarbeitet, solide gebaut. Im Innern dieses kleinen, konzentrierten, vermeintlichen Kosmos’ jedoch zeigt sich mir – heute mehr gar als anfangs – farblose Einfältigkeit, ein bemühtes Suchen einer Stadt nach der Formel nach rational konstruiertem Wohn- und Lebensglück. Was ist Zürich? Ein bestens konstruiertes und bebautes menschliches Artefakt, sich mit der Spitze der Welt messend, nach Grösse strebend. Und (deshalb?) ein Ort, der mir als Opfer der Moderne begegnet, insofern, als dass er seinen Charakter als Folge und nicht als Ursache einer farbigen Einzigartigkeit versteht.
Seepromenade, Höngg, Züriberg, Bellevue – sie lächeln nur so lange, bis man zurücklächelt, bis das Leben zum Massstab unserer Begegnung wird, ein Leben, das sich keiner Einschränkung seiner eigenen Kreativität bemächtigen lässt. Zürichs Seele versteckt sich so denn in den Gassen des Kreis 4, findet sich dort, wo sie der klirrende Besen noch nicht gänzlich auszusäubern vermochte, wo das Leben keine Pharce zwischen Kronenhalle, BMW Coupé und Seeblick ist, wo es nicht an der Endstation der S-Bahn-Linie endet und erst in Paris und London wieder beginnt.
Heimat entsteht in der Fremde. Kann die Fremde zur Heimat werden? Vielleicht. Bestimmt aber da, wo der Mensch noch Träume hat und sie nicht an der Sonne erfrieren lässt.
In diesem Sinne starte ich hiermit die Volksinitiative „Die ganz Wält an einere Stross“: Zuschüttung des vorderen Züriseebeckens und Verlängerung der Bahnhofstrasse um 1,7km. Um die Unterschrift (in den Kommentaren) wird gebeten. Sonst schliessen wir einfach Kloten...
Donnerstag, 19. April 2007
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
13 Kommentare:
christoph mörgeli
dani faess
ruth dreifuss
leopold schlüchter
konstantin wecker
mani weber
karli odermatt
blerim dzemaili
man beachte ausserdem die tabelle des drü (auf name klicken)
Ledergerber
k.lagerfeld
Paris Hilton
und Ailton
Kommentar veröffentlichen