Sonntag, 15. April 2007

Kinokritik: Lars von Trier- The Boss of it All

"The Boss of it All" sei nur eine harmlose Komödie, die lediglich der Unterhaltung dienen soll. So jedenfalls meldet sich der dänische Regisseur gleich zu Beginn seines neusten Streiches aus dem Off. Vor allem nach seinem letzten Film "Manderlay" wurde er dafür kritisiert, zu politisch zu sein, obwohl er selbst sich nach wie vor als politisch zu korrekt empfindet. Nach all diesen Debatten wollte er nun einen kleinen, schnellen und unpolitischen Film machen. Doch dass ein Lars-von-Trier-Film lediglich Unterhaltung sein kann, glaubt wohl kaum einer. So sagte er doch selber in einem Interview, dass die guten Komödien natürlich nicht harmlos sind.

Die Handlung von "Direktøren for det hele", so der Originaltitel, ist so absurd wie unterhaltend. Der feige Ravn (Peter Gantzler), der seinen Arbeitskollegen vorspielt, er sei nur Angestellter seiner Firma, ist in Wahrheit der Chef dieses IT Unternehmens. Er erfindet einen "Boss Of It All", auf den er alle unangenehmen und unmenschlichen Entscheidungen abschieben kann, da er selber bei seinen Arbeitskollegen beliebt sein möchte. Doch nun beabsichtigt Ravn, die Firma zu verkaufen und der isländische Kaufinteressierte will nicht mit Handlangern verhandeln und besteht darauf, den Boss zu sprechen. Da dieser ja nicht existiert engagiert Ravn den arbeitslosen selbstverliebten Schauspieler Kristoffer (Jens Albinus), der den Vertrag unterschreiben soll. Die Verhandlungen scheitern jedoch und bevor Ravn eingreifen kann, stellt sich Kristoffer ein paar Angestellten als Boss Of It All vor.
So beginnt das grosse Unglück für Ravn und Kristoffer, die sich nun den ganzen Film lang in grotesk anmutenden Situationen wieder finden. Der ahnungslose Kristoffer wird bei seiner ersten Sitzung als "Boss of it All" erstmals ins Gesicht geschlagen. Das Kafkaeske an diesen Situationen wird noch gesteigert durch den Umstand, dass niemand in der ganzen Firma weiss, was hier eigentlich genau hergestellt wird.

Der Dogma95 Begründer Lars von Trier erzählt seine Geschichte sehr zurückhaltend und verzichtet wie gewohnt auf Spezialeffekte jeglicher art. Während des ganzen Filmes hört man nur den Originalton, oder einen vom Regisseur selber gesprochen Off-Kommentar. Im Vordergrund stehen die Geschichte, die Schauspieler und ihre lakonischen Dialoge. Von eben diesen Dialogen lebt der ganze Film. Das Visuelle ist eher Nebensache, aus den Dialogen entsteht der ganze Witz. Kommt dazu, dass von Trier ein neues visuelles Konzept einführt, das er "Automavision" nennt. Dabei handelt es sich um eine zufallsgesteuerte Kamera, bei der kaum menschliche Kontrolle dahinter steckt. Dies äussert sich im Film durch seltsame, unverständliche Cadrage und springende Bildwechsel, die im Kino sonst undenkbar wären. So kommt es durchaus vor, dass die Schauspieler abgeschnitten in der Ecke des Bildes stehen oder die Lautstärke zwischen den Einstellungen deutlich variiert. Dies ist für den Betrachter gewiss nicht sonderlich angenehm, aber ungewohnt erfrischend in einer Kinowelt voller Hollywoodperfektion. Der sich selber als Kontrollfreak bezeichnende Lars von Trier beabsichtigte mit der Automavision ein von Absicht befreiter Stil, der zur Leichtigkeit einer Komödie passt.

Dass The Boss Of It All mehr ist als Unterhaltung, zeigt sich auch in der Themenwahl. Es werden durchaus ernsthafte Themen wie Verantwortung, Firmenmoral und Zweck/Mittel Rechtfertigungen angesprochen. Diese werden aber so gekonnt ins Groteske verdreht, so dass man trotz allem Ernst herzhaft lachen kann. So gelingt Lars von Trier ein durch und durch sehenswerter und amüsanter Film. 9/10 Punkten

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

auch sehenswert: happy feet, vom stepptanzenden pinguin...

Anonym hat gesagt…

Meine Lieblingsfigur im Film ist Gorm. Und der Käufer, Finnur.