Mittwoch, 4. März 2009

Uganda, Miscellaneous I

Das Hemd regiert. Die Kleidung ist hier, mehr noch als in der Schweiz, ein gewichtiges Statussymbol. Man studiert an der besten Uni des Landes, entsprechend kleidet man sich. Als europäischer Austauschstudent ist man mit seinen Shorts und einem T-Shirt ständig underdressed und wird ab und an auch drauf angesprochen. Es ist nicht unüblich, sich auch bei tropischer Hitze in Schale zu werfen, Krawatte inklusive. Meine kleine Spontanstudie während der letzten Vorlesung hat ergeben, dass 85% der Männer ein Hemd tragen; kein Freizeithemd jedoch, sondern eines jener edlen Stücke, das ich zuhause für eine Hochzeit oder die Solätte anziehen würde. Kurze Hosen trägt niemand, auch Sandalen sind nicht üblich. Anfangs habe ich noch versucht, mich anzupassen und brav jeden Tag meine Jeans und Schuhe angezogen – bei 30ºC. Nach einigen schweissnassen Erfahrungen habe ich diese Form der Integration mittlerweile aber aufgegeben.
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Die Schweiz in der Vorstellung des typischen Makerere-Studenten. Die Schweiz ist den meisten Studenten ein Begriff hier. Scheinbar wird in der Vorschule im Geographieunterreicht unter anderem die Schweiz behandelt, vorwiegend der Alpen wegen. Ansonsten weiss man ungefähr Folgendes über uns: Uhren, Reichtum, Berge und Kälte, Djourou und Senderos. Käse und Schweizer Schoggi werden hier nicht verkauft, es sind die englischen, nicht die Schweizer Banken, die den ugandischen Markt prägen, Tennis und Federer werden kaum mitverfolgt und der politische Sonderfall Schweiz ist ebenfalls weitgehend unbekannt. Man kennt Geneva, vielleicht auch Zürich, nie jedoch Bern. Man kennt mindestens zwei Schweizer Fussballer (die Hälfte aller Ugander sind Arsenal-Supporter), vielleicht auch den FC Basel. Und meist kommt nach der Frage nach meiner Herkunft bald schon die Feststellung: „It’s a very peaceful country“. Das mag stimmen; insbesondere, wenn man aus afrikanischer Perspektive nach Europa rüberblickt.
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Premier League. Das Wochenende des ugandischen Herrn ist meist unmittelbar mit Fussball - englischem Fussball - verknüpft. Und da die Organisatoren der Premier League die Spiele gestaffelt ansetzen, ist es für den geneigten Fussballfan möglich, den ganzen Samstag wie auch weite Teile des Sonntags vor der Glotze zu verbringen. Als veritable Strassenfeger manifestieren sich jedoch nur die Spiele von ManU, Arsenal, Liverpool oder Chelsea. Spielen sie, ist nicht nur in den unzähligen Sportbars im Quartier, sondern auch vor den zwei Fernsehern im Hostel ordentlich was los. Man kennt die Spieler, die Tabellensituation, die Stärken und Schwächen der spielenden Teams. Ein Expertentreffen. Und selbstverständlich lässt man sich auch die Champions-League-Partien, die hier erst um 23 Uhr beginnen, nicht entgehen. Die Premier League ist ein Imperium. Sogar meine koreanischen und japanischen Mitstudenten kennen den Kader von Arsenal besser als ich…
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Rolex und Nile. Ugandisches Essen ist recht langweilig. Cassava, eine fade Wurzel, Posho, eine Art Süsskartoffel, Matooke, gemantschter Kochbananenbrei und schliesslich Reis stellen die Hauptspeisen dar. Dazu gibt’s Bohnen, Hühnchen, Rind oder Erdnusssauce. Und Chips, also Pommes Frites. Pasta ist nur in den besseren Restaurants erhältlich. Zum Glück aber gibt’s zudem Rolex, der ugandische Falafel! Ein Cabati (Fladenbrot) mit einer Ei/Tomaten/ Zwiebel/Avocado/Kabis-Füllung. 800 Schilling, 40 Rappen. Das soll zwar, wie die europäischen Austauschstudentinnen öfters klagen, aufgrund des hohen Fett- bzw. Ölgehalts dick machen, schmeckt aber trotzdem gut bzw. besser als vieles, was man hier sonst so kriegt.
Überzeugender kommt da schon das lokale Angebot an Getränken, namentlich an Bier, daher. Landesweiter Favorit ist das Nile-Beer, gebraut mit Nil-Quellwasser. Es schlägt nicht nur die lokale Konkurrenz (Club und Bell), sondern auch die meisten Schweizer Biere um Längen.
Getränketechnischer Höhepunkt des bisherigen Aufenthalts war denn auch zweifellos der Genuss eines Nile-Biers an der Quelle des Nils. Auf obigem Bild wurde der bedeutende Moment fotografisch festgehalten.
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Von überzogener Selbstkritik zur verblendeten Selbstliebe. Die Qualität der von mir belegten Kurse variiert stark. Und nicht nur sind grosse Unterschiede bezüglich der rhetorischen, pädagogischen und intellektuellen Fähigkeiten der Lecturer auszumachen, sondern genauso werden recht unterschiedliche Inhalts- und Denkansätze vermittelt. Während unser Social Anthropology-Lecturer auf haarsträubend unsachliche und generalisierende Art alle Mzungus (Weisse) für die Probleme Afrikas verantwortlich macht und mir durch seine Arroganz und Ignoranz regelmässig die Laune versaut, suchen und sehen etwa die Politologie-Professoren die primären Ursachen der Misere vorwiegend bei sich selbst. Die Selbstkritik ist teilweise aber derart scharf und fundamental, dass sie beinahe schon ins Rassistische übergeht. Eine Art afrikanischer Eurozentrismus, der in dieser Form ebenfalls kaum zur Besserung der Probleme beitragen dürfte. Auf diesem riesigen Meinungsbuffet irgendwas Wahres zu finden ist schwierig. Und die Verlockung, sich von den süssen Düften der einfachen Erklärungen und Lösungsansätze verführen zu lassen gross.

Abschliessend noch einen Verweis auf diesen Text.

3 Kommentare:

cee hat gesagt…

Danke für all diese Berichte!!! Sehr sehr spannend! Ich will unbedingt auch nach Afrika!
Aber eine Frage, ist der Nil an seiner Quelle bereits so gross???

Anonym hat gesagt…

quelle heisst in diesem fall viktoriasee-abfluss. ist etwas willkürlich, aber mit irgendwas muss man die touristen ja hinlocken...

Anonym hat gesagt…

ich hätte dir auch einen 24h-griechen gegönnt...