Mittwoch, 24. Dezember 2008

Jahresrückblick

Vor ziemlich genau einem Jahr geschrieben:

Die Vorlesung ist zu Ende. Der Notizblock ist voll. Mein Kopf leer. Alle verlassen den Saal. Ich bleibe sitzen. Heute ist etwas anders als sonst. Etwas regt sich. Es fühlt sich an, als erwache ich zögernd aus einem bleiernen Schlaf. Als hätte jemand das Licht angemacht. Wo bin ich? Wie bin ich hierher gekommen? Was ist geschehen?

(Wie lange habe ich geschlafen?)

Als hätte ich mich seit Jahren in keinem Spiegel mehr betrachtet, schrecke ich beim Anblick zurück. Das bin ich nicht. Das will ich nicht sein. Das kann ich nicht sein. Und ich bin es doch. Was ist geschehen?
Die Wahrheit ist schmerzhaft und erbarmungslos. Wie immer. Das ist ihre Aufgabe. Und heute halte ich ihr beide Wangen hin. Schlag mich, ich habe es verdient!
Irgendwo zwischen schweizerischen Zukunftsängsten und elterlichem Drängen habe ich meine Träume verraten. Doch meinem Umfeld die Schuld zu geben, reicht nicht mehr aus, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das wäre allzu bequem. So leicht kann ich mir nicht entkommen. Nicht heute. Feigling, du bist umzingelt! Selbsttäuschung ist keine Cleverness sondern ein Bumerang. Und er findet mich überall. Früher oder später. Kein Weg führt an den Schlussfolgerungen des Lebens vorbei und es existiert keine Nebenstrasse für Schmerzempfindliche.

Ich gestehe. Ich bin ein schwacher Mensch. Einmal mehr habe ich den Weg des geringsten Widerstands gewählt. Auf Kosten meiner selbst. Die Schuld wiegt schwer. Und gäbe es ein Gericht für Verbrechen an den eigenen Träumen, so verdiente ich die Höchststrafe. Lebenslange Reue.
Doch das Leben hat Erbarmen mit einsichtigen Dummköpfen wie mir. Ich werde auf Bewährung entlassen.
Es ist noch nicht zu spät. Die Vorkurs-Prüfungsaufgaben warten.

Ich habe zuviel zu sagen
um nur zuzuhören
zuviel niederzuschreiben
um nur zu lesen
zuviel Sehnsucht
um genügsam zu sein
zuviel Leben
um stillzusitzen
Zu viele Träume
um realistisch zu sein
zuviel Gegenwart
um an die Zukunft zu denken

zuviel Leidenschaft
um vernünftig zu sein

Schön auf ein Jahr zurückzublicken, in dem man die richtigen Entscheidungen getroffen hat.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

rein ins leben, raus ins schweben. schön persönlich. mehr davon

Anonym hat gesagt…

zu viele träume um realistisch zu sein?! meiner ansicht kein widerspruch; sonst möchte ich mich Anonym anschliessen.