Freitag, 21. November 2008

Fragmente

Es war kalt in dieser Stadt. Zwar lag kein Schnee, häufig schien gar die Sonne, doch der kalte Wind drang durch die dicksten Mäntel. Die Menschen vermieden es, nach draussen zu gehen, sodass die Strassen merklich leer und farblos schienen. Der Übergang vom Herbst zum Winter, das fade Grau über den Strassen und die nachmittägliche Abenddämmerung verlieh der Stadt den Anschein des Vergänglichen und setzte sich gleichsam in den Gesichtern seiner Bewohner nieder, als leise, traurige Nachdenklichkeit. Am 11. November regnete es. Ich war spät aufgestanden, wie so oft, weil ich häufig bis zwei, drei Uhr wach blieb und las. Ich wusch mir das Gesicht, blickte in den Spiegel und sah, wie jeden Morgen, schrecklich aus. Ich bereitete mir mein Frühstück zu, schlug die Zeitung auf, las zwei, drei Artikel, setzte schliesslich Kaffee auf und blickte aus dem Fenster, wo die grünen Zweige der nahen Tanne dem Herbst trotzten, gerade so, als gäbs keine Jahreszeiten. Die Regentropfen an der Fensterscheibe zeichneten verworrene Linien. Es war windstill. Meine Pläne für den heutigen Tag beschränkten sich, ganz in studentischer Manier, aufs Lesen einiger Texte - eine Arbeit, die normalerweise kaum mehr als zwei, drei Stunden in Anspruch nimmt. Ich trank meinen Kaffee, ungezuckert, schwarz. Irgendwann werde ich sterben, dachte ich. Irgendwann ist hier, an jener Stelle, auf diesem Stuhl ein andrer. Ich kenne ihn nicht. Und er kennt mich nicht. Das Leben ist jetzt, dachte ich. Und es gibt nichts anderes.
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Als ich endlich raus war, nahm ich den nächsten Zug und fuhr aus der Stadt. Da, die ersten Ebenen, Felder, Wiesen und Wälder erblickend, schlief ich ein und erwachte erst Stunden später wieder, es war bereits dunkel. Ich trank und ass, stieg aus, suchte mir ein günstiges Hotel und beschloss, hier zu bleiben. Warum?
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Vieles beginnt, wenn es eigentlich bereits vorüber ist. Der Mensch als reaktives Wesen vermag es nicht anders, er ist nicht dazu geschaffen, sich selbstbestimmend den Weg zu weisen. Das führt, so glaube ich, ins Verderben, oder aber in die Kunst. Und natürlich zur Liebe. All dies sind nichts als Ahnungen, die langsam in mir wachsen, von Zweifel umgeben an manchen Tagen an Stärke und Festigkeit gewinnen, dann wieder blasser scheinen, teilweise fast vollständig auslöschen, nie aber ganz verschwinden. Wohin des Weges? In seiner universellen Bedeutungslosigkeit gefangen mache ich mich Stunde um Stunde neuerlich auf, diese Frage zu beantworten; im Wissen, dass ich scheitern, jämmerlich scheitern werde. Und im Wissen auch, dass dies Scheitern die eigentliche Notwendigkeit unsres Lebens, meiner und deiner Existenz ist.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

es isch widrmau herbscht i mire stadt, u ig erfröimi a dere mit chli peter stamm gwürzte poesie.

dr kaffe trinkt me schwarz.

Dana White hat gesagt…

wunderbar geschrieben!